15. Juli 2019 – Das war mal etwas ganz anderes. Ich wusste nicht genau, auf was ich mich einließ. als ich die Einladung zu einem CERN-Besuch von Patrick annahm, einem der Doktoranden, die an meinem Seminar an der RWTH in Aachen teilnahmen.
Doch ich bin ja offen und neugierig, insbesondere, wenn es um Wissensbereiche geht, von denen ich wenig bis keine Ahnung habe. Und das ist bei der Kernforschung der Fall. Die Naturwissenschaften – speziell Physik und Chemie – sind für mich ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.
Heterogene Teams: die Basis für exzellente Ergebnisse
Das verhält sich bei Naturwissenschaftlern anscheinend genauso – nur anders herum. Bei ihnen ist häufig, so zumindest das Klischee, die Kommunikationsfähigkeit nicht sehr ausgeprägt – ähnlich verhält es sich mit anderen Soft-Skills.
In der Praxis stelle ich zumindest oft fest: Je höher die Fachexpertise von Menschen ist, umso größer sind nicht selten, ihre Defizite bei den Soft-Skills. Das erschwert häufig die Kommunikation und funktionsübergreifende Zusammenarbeit mit diesen Experten – zumindest für “Nicht”-Spezialisten, da sie scheinbar eine andere Sprache sprechen.
Dabei ist es so bereichernd, wechselseitig voneinander zu lernen. Diese Botschaft versuche ich regelmäßig in meinen Seminaren und Vorträgen zu vermitteln – auch an Führungskräfte, denn: Sharing Knowledge und aus Menschen mit ganz unterschiedlich Talenten Teams zu bilden, das sind zentrale Herausforderungen im digitalen Zeitalter, um die Performance zu erhöhen.
10.000 Menschen aus aller Welt arbeiten zusammen
So war es für mich denn auch eine Selbstverständlichkeit die persönliche Einladung von Patrick nach Genf anzunehmen und mir das Europäische Kernforschungszentrum anzuschauen. Es wurde im Kanton Meyrin bereits vor 64 Jahren gegründet und betreibt Grundlagenforschung. Etwa 10.000 Menschen aus aller Welt sind am CERN beschäftigt.
Sie versuchen u.a. herauszufinden, wie sich der Urknall ereignete, welche Teilchen es außer den bekannten noch gibt und wie sich unsere Natur und Herkunft erklärt. Vor Ort hörte ich Vorträge zur Materie und Antimaterie, Atomen, Leptomen und Quarks – bis mir der Kopf rauchte.
Danach folgte eine außergewöhnliche Tour zum größten Teilchenbeschleuniger der Welt – etwa 100 Meter unter der Erde. Die Technik ist gigantisch, auf dem Foto seht ihr mal einen Querschnitt der mächtigen Metallzylinder und -gehäuse. Der Teilchenbeschleuniger selbst befindet sich in einem knapp 27 km langen kreisförmigen Tunnel. Dort sind die Protonen fast mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs.
Führungskultur: Interkultureller geht es nicht
Die Tatsache, dass am CERN Personen aus mehr als 84 Nationen in den unterschiedlichsten Projekten zusammenarbeiten, setzt bei den Naturwissenschaftlern sehr hohe interkulturelle Kompetenz voraus. Das hat nicht nur mit der Sprache zu tun, denn die Haussprache am CERN ist selbstverständlich Englisch.
Die interkulturelle Zusammenarbeit erfordert mehr: Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, mit Individuen und Gruppen anderer Kulturen erfolgreich, angemessen und zielführend zu interagieren; im engeren Sinne, die Fähigkeit zum wechselseitigen beidseitig zufriedenstellenden Umgang mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft.
Ein schneller Brüter für die interkulturelle Kompetenz
Am CERN bildet das gemeinsame Interesse an den Naturwissenschaften sowie der (Grundlagen-)Forschung das verbindende Element. Als ich mit Patrick darüber spracht, sagte er, er könne, wenn es um seine interkulturelle Kompetenz gehe, nirgendwo mehr lernen als in dieser Umgebung – allerdings erfordere dies oft auch, die eigene Komfortzone zu verlassen und die eigenen Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen. Dabei sei der größte Fehler, den man machen könne, sich im Umgang mit den Kollegen von Stereotypen leiten zu lassen, denn selbst wenn Menschen eine gemeinsame kulturelle Prägung hätten, z.B. weil sie aus derselben Region kämen, seien sie doch individuell sehr verschieden. Eine wichtige Erfahrung und Erkenntnis
Was Patrick – als sogenannter Digital Native – an seinem Chef bzw. seiner Chefin am meisten schätzt, erfahrt ihr demnächst in meinem neuen Podcast “Digital ist egal – was zählt bist du”.