2. Oktober 2024 – Vielen Führungskräften fällt es schwer, traditionelle Führungsaufgaben loszulassen, denn: Sie befürchten einen Kontrollverlust. Doch wenn Unternehmen agiler werden möchten, führt kein Weg daran vorbei.

 

Führung war schon immer ein Prozess zwischen Menschen, denn: Führungskräfte sind nur so lange Führungskräfte wie andere Menschen ihnen und ihren Ideen folgen. Die Rahmenbedingungen, unter denen sich dieser Führungsprozess vollzieht, ändern sich jedoch zusehends – nicht nur aufgrund des technischen Fortschritts.

 

Die Mitarbeitenden ermächtigen und Aufgaben loslassen

Unternehmen müssen deshalb heute viel agiler als früher agieren – gleiches gilt für ihre Führungskräfte, denn: Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und Globalisierung werden zumindest die Kernleistungen der Unternehmen zunehmend in bereichs- und zuweilen sogar unternehmensübergreifenden Teams erbracht. Deshalb verlieren die Bereichsgrenzen an Bedeutung. Also müssen die Führungskräfte stärker auf die Loyalität und Kompetenz ihrer Mitarbeitenden vertrauen und diese sozusagen in die Handlungsfreiheit entlassen. Zudem müssen die Mitarbeitenden als (Mit-)Verantwortliche für die Zielerreichung situations- und bedarfsabhängig auch immer häufiger im Leistungserbringungsprozess eine Führungsrolle übernehmen.

 

Führungskräfte werden Ermächtiger und Beziehungsmanager

Die Kernaufgabe der Führungskräfte besteht heute, denn auch zunehmend darin, in ihrem Bereich bzw. Umfeld die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass die Mitarbeitenden eigenverantwortlich ihre Aufgaben erfüllen und die hierfür erforderlich Entscheidungen treffen können, denn: Bedingt u.a. durch das vermehrte Führen auf Distanz (Homeoffice, hybride bzw. virtuelle Teams etc.) ist das klassische Kontrollieren und Steuern im operativen Alltagsgeschäft nur noch bedingt möglich. Also müssen die Führungskräfte ihren Mitarbeitenden stärker vertrauen.

 

Den Mitarbeitenden auch Verantwortung übertragen

Das fällt vielen schwer – teils aus verständlichen Gründen, denn: Die Leistung einer Führungskraft wird von deren Vorgesetzten immer noch an der Leistung ihrer Mitarbeitenden bzw. ihres Teams gemessen. Erbringen sie die geforderte Leistung nicht, hat auch die Führungskraft ein Problem. Deshalb wird die Übertragung von Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen oft als Kontrollverlust erlebt. Dies wird sich erst ändern, wenn die Unternehmen bzw. deren Führungskräfte die Verantwortung für die erbrachte Leistung eines Bereichs ebenfalls „abgeben“: Tragen die Mitarbeitenden mehr Verantwortung, müssen sie auch verantwortlich gemacht werden können.

 

New und Shared Leadership erfordern neue Führungskultur

Ein entsprechender Wandel des Führungsverständnisses in den Unternehmen allein genügt jedoch nicht. Die Führungsrolle und -verantwortung muss ebenfalls neu definiert werden: Sie muss situations- und bedarfsabhängig jeweils neu bestimmt werden und sollte nicht an die formale Macht gebunden sein. Sprich: Führung wird zur kollektiven Aufgabe. Und die Mitarbeitenden? Sie werden zu Gestaltern, die ihr kreatives Potenzial auch dazu nutzen, eigenverantwortlich Problemlösungen zu entwickeln und zu realisieren. Das setzt ein Führungsverständnis voraus, das eine Verantwortungsübernahme und ein eigenständiges Handeln und Entscheiden aller am Leistungsprozess beteiligten Personen nicht nur ermöglicht, sondern gezielt forciert.

 

Vertrauen ist die Basis für New und Shared Leadership

 

Die Basis für ein solches Führungsverständnis ist wechselseitiges Vertrauen. Das heißt, es bedarf einerseits Führungskräfte, die sich nicht primär über ihre positionsbedingten Kontrollmöglichkeiten definieren, sondern auf die Kompetenz und Loyalität der Menschen im Unternehmen vertrauen. Andererseits müssen die Mitarbeitenden als Führungshandelnde darauf vertrauen können, dass sie von der Organisation die nötige Unterstützung erhalten, und nicht am Pranger stehen, wenn sie „Fehler“ machen oder eine „Fehlentscheidung“ treffen.

 

New und Shared Leadership entlasten Führungskräfte

Eine solche Führungskultur ist erfordert nicht nur, die angestrebte Agilität im Betriebsalltag. Sie wird insbesondere von Mitarbeitenden der Generationen Y und Z auch zunehmend gewünscht. Zudem fördert eine solche Führungskultur nicht nur die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden, sie entlastet auch die Führungskräfte, denn: Je mehr Aufgaben und operative Themen die Mitarbeitenden eigenverantwortlich übernehmen (können), desto geringer ist die Zahl der Aufgaben auf dem Schreibtisch der Führungskraft, und umso seltener müssen sie als „Trouble Shooter“ fungieren. Es entstehen somit die nötigen Freiräume, um sich mit der Ruhe und Gelassenheit strategischen Fragen und Aufgaben zu widmen.

 

Unternehmen sollten neue Führungskultur stimulieren

Ein solcher Entwicklungsprozess kommt nicht allein in Gang. Er muss von den Unternehmen stimuliert werden – zum Beispiel durch ein entsprechendes Führungskräfteentwicklungsprogramm. Denn dass New Leadership in den Unternehmen gelebt wird, setzt nicht nur voraus, dass die Führungskräfte ihr Führungsverhalten überdenken, sie müssen auch neue Führungsroutinen entwickeln, damit sie im Alltag die nötige Verhaltenssicherheit zeigen. Ansonsten ist gerade in Krisen- und Stresssituationen die Gefahr groß, dass sie wieder in ihre alten Verhaltens- bzw. Reiz-Reaktionsmuster verfallen.