07. August 2023 – Die Angehörigen der Generation Z sind nicht leistungsfaul. Sie haben schlicht zum Teil andere Bedürfnisse als beispielsweise die Baby-Bommer. Als Inspiratoren, wie man als Führungskraft den Nachwuchs am ehesten für sich gewinnt, können die Influencer in den Social Media dienen.

 

„Die Angehörigen der Generation Z sind nicht so leistungsbereit wie unseren älteren Mitarbeitenden.“ Diese Klage hört man oft von Managern und Unternehmern über die nach 1995 geborenen jungen Menschen, die nach dem (Hoch-)Schulabschluss in die Arbeitswelt eintreten. Doch ist das wirklich so? Mein Eindruck als Unternehmerin und Managementberaterin ist: In der Generation Z gibt es ebenso viele leistungsbereite Frauen und Männer wie vor 50 Jahren als das Gros der sogenannten Baby-Boomer in das Berufsleben eintrat.

Doch die Rahmenbedingungen waren damals andere. Auf eine freie Stelle bewarben sich früher meist viele Personen. Deshalb konnten die Unternehmen sich die besten Kandidaten aussuchen und ihnen in den Arbeitsverträgen die Arbeitsbedingungen weitgehend diktieren.

 

Niedrigere Messlatte aufgrund der geringeren Bewerberzahl

Heute hingegen bewerben sich aufgrund der demografischen Entwicklung auf eine vakante Stelle, wenn überhaupt, oft nur ein, zwei Personen. Deshalb müssen speziell KMU bei den Anforderungen, die sie an ihre künftigen Mitarbeitenden stellen, oft große Zugeständnisse machen. Die Folge: Im Betriebsalltag sind sie verstärkt mit Mitarbeitenden konfrontiert, die zum Beispiel eine geringere Eigenmotivation haben und mehr Führung brauchen. Außerdem fehlen den Neuen aus Unternehmenssicht oft noch Kompetenzen, weshalb eine Nachqualifizierung nötig ist. Das heißt, die Unternehmen müssen mehr Ressourcen als früher für die Führung und Entwicklung der neuen Mitarbeitenden aufwenden.

Doch auch die Bedürfnisse der leistungsstarken jungen Mitarbeitenden (nicht nur der Generation Z) haben sich gewandelt. Viele von ihnen wollen nicht mehr, dass die Erwerbsarbeit ihr gesamtes Leben dominiert. Deshalb fordern sie vermehrt Teilzeitarbeit, die Möglichkeit, remote zu arbeiten oder mal eine längere Auszeit zu nehmen. Dasselbe gilt für die Chancen, beruflich voranzukommen. Die jungen Leute warten seltener als ihre Eltern darauf, dass ihnen Weiterentwicklungs- und Karrieremöglichkeiten gewährt werden; sie fordern diese aktiv ein. Und wenn sie diese nicht bekommen? Dann wechseln sie schneller den Arbeitgeber.

Für die Betriebe bedeutet dies: Sie müssen ihre Personalpolitik neu justieren Sie müssen sich fragen, inwieweit ihre Personalpolitik insgesamt noch den Erwartungen ihrer Mitarbeitenden entspricht – ähnlich wie sie dies bei ihren Produkten tun, wenn sich die Bedürfnisse der Kunden gewandelt haben.

Und ihre Führungskräfte? Sie müssen im Betriebs- und Führungsalltag eine größere Verhaltensflexibilität zeigen, weil ihre Mitarbeitenden oft

  • einen sehr unterschiedlichen fachlichen und persönlichen Reifegrad haben und
  • divergierende individuelle Bedürfnisse artikulieren.

Zudem erfolgt die Zusammenarbeit zunehmend hybrid oder gar rein virtuell. Die Mitarbeitenden arbeiten also mal im Betrieb, mal zuhause oder sonstwo.

Diese heterogene Ist-Situation erfordert einen Führungsstil, bei dem die Führungskräfte ihr Verhalten sehr stark dem jeweiligen Gegenüber und der jeweiligen Situation und Konstellation anpassen. Sie müssen also

  • ihre Mitarbeitenden mal loben, mal ihr Verhalten hinterfragen,
  • ihre Mitarbeitenden mal beim Erfüllen ihrer Aufgaben aktiv unterstützen, mal sich bewusst zurücknehmen
  • mal Veränderungen stark forcieren, mal bewusst den Fuß vom Gas nehmen.

Mitarbeitende situativ führen und individuell entwickeln

Die nötige Verhaltensflexibilität können Führungskräfte nur zeigen, wenn sie in einem lebendigen Dialog mit ihrem Team stehen und herausfinden:

  • Was ist meinen Mitarbeitenden wichtig?
  • Wo drückt sie der Schuh?
  • Was erleichtert beziehungsweise erschwert es ihnen, sich für die angestrebten Ziele zu engagieren?
  • Was brauchen sie, um effektiv zu arbeiten und ihre Kompetenz weiter zu entfalten?

Denn nur wenn sie in einem von wechselseitiger Akzeptanz und Wertschätzung geprägten Dialog mit ihren Mitarbeitenden stehen, entsteht eine von Vertrauen geprägte Beziehung zwischen ihnen und können sie deren Denken und Verhalten gezielt beeinflussen.

Führungskräfte sollten – ähnlich wie die Influencer in den Sozialen Medien – danach streben, ein Umfeld schaffen, in dem andere Menschen

  • freiwillig ihnen und ihren Ideen folgen und
  • eigeninitiativ ihr Denken und Handeln daraufhin hinterfragen, inwieweit sie damit ihren Beitrag zum Erreichen der gemeinsamen Ziele leisten.

Wenn es darum geht, ein solches Milieu zu kreieren, lassen sich einige Erfolgsfaktoren aus dem Verhalten der Influencer im Netz ableiten, die für Angehörigen der Generation Z nicht selten Vorbilder sind.

6 Erfolgsfaktoren im Umgang nicht nur mit der Generation Z

1. SICHTBAR UND ERFAHRBAR SEIN

Influencer sorgen dafür, dass sie sichtbar sind – zum Beispiel, indem sie regelmäßig ihre Social-Media-Kanäle füttern und ihr virtuelles Netzwerk pflegen. Für Führungskräfte bedeutet dies: Sie dürfen sich nicht hinter ihrem Schreibtisch verstecken. Sie sollten vielmehr gezielt den Kontakt und die Kommunikation mit ihrem Team suchen und bereit sein, darin Zeit und Energie zu investieren.

2. WERTE ERKENNBAR VERTRETEN

Fast alle erfolgreichen Influencer haben eine klare Botschaft beziehungsweise stehen erkennbar für gewisse Werte. Das sollte auch bei Führungskräften der Fall sein: Sonst sind sie für ihre Mitarbeitenden unberechenbar. Deshalb fassen sie zu ihnen kein Vertrauen. Also sind sie auch nicht bereit, ihnen und ihren Ideen zu folgen.

3. DIE EIGENEN AUFTRITTE INSZENIEREN

Erfolgreiche Influencer überlassen ihr Auftreten nicht dem Zufall. Sie inszenieren ihre Auftritte, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Dies sollten auch Führungskräfte tun. Sie sollten sich zum Beispiel, bevor sie Mitarbeitende kontaktieren, fragen:

  • Wer ist mein Gegenüber und was ist ihm oder ihr wichtig?
  • Welches Ziel möchte ich erreichen?
  • Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit meine Botschaften ankommen?
  • Welchen Kommunikationskanal sollte ich wählen? Zum Beispiel: Mail, Telefonat oder persönliches Gespräch?

4. AUCH MAL GEFÜHLE ZEIGEN

Fast alle Influencer im Netz gewähren ihren Followern auch wohldosierte Einblicke in ihr Privat- und Gefühlsleben – primär um auch als Mensch für diese erfahrbar zu sein. Auch Führungskräfte sollten dies in der Kommunikation mit ihren Mitarbeitenden tun – zum Beispiel, indem sie in das Gespräch auch mal Infos über ihr Privatleben einfließen lassen. Oder indem sie im Gespräch auch mal erwähnen, wie die Turbulenzen in der Weltwirtschaft, der Klimawandel oder das Thema Künstliche Intelligenz sie verunsichern. Solche Aussagen sind für ihre Mitarbeitenden oft der Anstoß, ihrer Führungskraft ebenfalls einen Einblick in ihr Gefühlsleben zu geben und ihnen zu offenbaren, was ihnen wichtig ist.

5. GELASSEN AUF KRITIK REAGIEREN

Auch Influencer begehen Fehler. Dann ernten sie oft harsche Kritik, die zuweilen sogar in einem Shitstorm mündet. Erfahrene reagieren darauf nie beleidigt. Sie nutzen die kritische Rückmeldung vielmehr als Chance, mit ihren Followern in einen noch intensiveren Dialog zu treten und ihnen die Gründe ihres Handelns darzulegen. Ähnlich sollten Führungskräfte auf kritische Rückmeldungen reagieren, denn diese zeigen letztlich das „Involvement“ der Mitarbeitenden und eröffnen ihnen die Chance, bei Bedarf gegenzusteuern.

6. BEREIT SEIN, NEUE WEGE ZU GEHEN

Auch Influencer müssen zuweilen neue Wege gehen – zum Beispiel, weil sich das Mediennutzungsverhalten ihrer Zielgruppe geändert hat. Diese „Strategiewechsel“ stoßen bei ihren Followern oft auf Widerstand und zum Teil kündigen sie sogar ihre Gefolgschaft. Trotzdem beschreiten Influencer, wenn übergeordnete Ziele dies erfordern, immer wieder diesen Weg. Ein entsprechendes Rückgrat müssen auch Führungskräfte haben.

Bei aller Empathie, Kompromissbereitschaft und Loyalität, die sie im Kontakt mit ihren Mitarbeitenden zeigen, muss stets deutlich bleiben: Gewisse Ziele wie „Unser Unternehmen muss Gewinn erzielen“ sind nicht verhandelbar.

 

Nie vergessen: Der Generation Z gehört die Zukunft

Zugleich sollten die Führungskräfte aber für Verbesserungs- und Veränderungsvorschläge offen sein, die gerade die Angehörigen der Generation Z oft einbringen, weil sie noch nicht betriebsblind sind, denn: Diese jungen Frauen und Männer sind die Zukunft des Unternehmens. Also gilt es ein Arbeitsumfeld zu schaffen, mit dem sie sich identifizieren können.